Interview mit der SchauspielerinBenita Rinne
1. Hallo Benita. Vielen Dank für deine Zusage zu einem Interview. Stell dich bitte unseren Lesern vor.
Seit 1961 stehe ich bereits vor der Kamera, erst als Kinder Model und später,
noch vor meiner Schauspielausbildung,
in Filmen von Freunden und Bekannten. In dieser Situation gibt es eine Einsamkeit, ein auf- mich- selbst- zurückgeworfen- Sein, was mir gefällt.
2. Warum bist Du Schauspielerin geworden ? Was liebst Du an diesem Beruf ?
Das Erleben und Erschaffen verschiedener Wahrheiten und Wirklichkeiten und die Verwandlung sind für mich immer wichtig gewesen und ich liebe die großen Räume im Theater: die, die da sind, und die, die die Vorstellungskraft aufmacht.
3. Du bist ja eine sehr erfahrene Schauspielerin und hast sicherlich auf deinem Weg Höhen und Tiefen erlebt. Was hat Dir geholfen weiterzumachen ?
Das ist eine wichtige Frage.
Die Verbindung zu meiner schöpferischen Mitte macht, dass ich mich gut fühle. Ohne diese Verbindung macht das Leben für mich keinen Sinn und so ist n i c h t weitermachen gar keine Option.
4. Hast Du für unsere Leser einen Schauspiel-Tipp ?
Schauspiel ist für alle. Wie viel Zeit, Liebe und Energie Du bereit bist zu geben, macht den Unterschied.
5. Welche Schauspiel-Methode/Technik verwendest Du ? Warum ?
Ich verwende je nach Rolle, Stück und Inszenierung einen Mix aus allen Methoden, die ich kennengelernt habe- und das sind viele. Das Forschen beginnt mit jeder neuen Rolle.
Warum?
Sich tief einlassen, berühren und berührt werden = Magie.
6. Wie bereitest Du dich auf eine Rolle vor ?
Ich schreibe mir schon beim ersten Lesen alles auf, was mir dabei durch den Kopf geht. Dann baue ich mir die Situation im Raum mit allen Handlungen und Bewegungen und lerne den Text, bis er sich stimmig anfühlt- immer im Gehen. Ich überlege, was für die Figur essentiell ist und wie ich das zeigen kann. Ich denke über meine Beziehung zu den anderen Figuren nach und über die Wirkung, die es zu erzielen gilt, damit die Szene funktioniert.
7. Du gibst auch Coachings unter anderem im Bereich Casting. Worauf kommt es deiner Meinung nach bei einem Casting an ?
Fürs Casting ist ein sicherer, mutiger Auftritt wichtig und auch, eine Beziehung zu meinem Gegenüber herzustellen, etwas geben zu wollen.
Dann werfe ich meinen Anker nach innen und los gehts.
8. Was sind die häufigsten Fehler die Schauspieler beim Casting machen und wie kann man sie vermeiden ?
Wenn ich mich auf das verlasse, was immer funktioniert hat, und in Routine verfalle, erreiche ich nichts.
Man muss im Moment den eigenen Impulsen vertrauen, zu sich selbst stehen, dann loslassen und fliegen. Und immer wieder riskieren, geliebt oder verachtet zu werden.
9. Wie kann man sich am besten auf ein Casting vorbereiten ?
Zuerst rauskriegen, was einen am Material begeistert. Dann sich gut über die Produktion, den Stoff und die Mitwirkenden informieren und nicht zurückhaltend sein wenn es darum geht, Fragen zu stellen.
Nur so schafft man es, einen eigenen Standpunkt einzunehmen und auf Augenhöhe zu sein – das hilft auch dem Spiel.
10. Warum würdest Du regelmäßige Coachings jedem Schauspieler empfehlen ?
Allein der Vorgang, dass man seine Arbeit jemandem zeigt ist ja das, was man als Schauspieler*in will.
Gesehen werden.
Ein Coach stellt diese Situation für mich her und bringt Selbstwahrnehmung und Außenwahrnehmung zusammen. Das gibt mir die fürs Casting notwendige Stabilität.
11. Du bist auch Theaterschauspielerin. Worin liegt für dich der wesentliche Unterschied zwischen einem Casting beim Film und einem Casting beim Theater ?
Beim Film arbeite ich zuerst technischer, meine Bewegungsmöglichkeiten sind durch die Stellung der Kamera und die Optik ganz anders als auf der Bühne, wo es stark auf meine Körpersprache, meine Stimme und mein Raumgefühl ankommt. Im Theater zeige ich meine Kraft, Bewegung und meine Phantasie, für ein Film Casting meinen Focus auf den Moment. Eine Art Verdichtung.
12. Welche Bedeutung spielen für Dich persönliche Kontakte und Netzwerk.
Wirkliches Interesse an Menschen hilft. Freundschaften, Allianzen. Sich organisieren im Ensemble Netzwerk und im BFFS, dem Schauspielverband. Die Rollen kommen aus überraschendsten Zusammenhängen. Nichts ist berechenbar. Instinkt für Chancen entwickeln. Glück und Zufall und vor allem Empfehlungen helfen.
13. Hast Du für unsere Leser einen Tipp wie man sich ein Netzwerk aufbaut ?
Für mich hat das Aufbauen eines Netzwerks unbedingt mit Interesse zu tun. Filme gucken, auf Festivals gehen und ins Theater, versuchen, mit Mitwirkenden ins Gespräch zu kommen. Kontakt zu Kollegen aus der Schauspielschule oder von früheren Produktionen halten. Alle entwickeln sich weiter. Ich habe auch von Freunden Rollenangebote weitergereicht bekommen, die sie nicht machen konnten oder wollten.
Mein Tipp wäre, sich eine bestimmte Anzahl Stunden pro Woche dafür zu reservieren und Spaß daran zu entwickeln.
14. Was war dein lustigstes Erlebnis auf der Bühne oder vor der Kamera ?
Mein lustigstes Erlebnis war, als während des tragischen Finale
in „Die acht Frauen“ eine Bank unter mir ganz langsam zusammenbrach mit einem quietschenden Geräusch. Wir alle und das Publikum konnten eine Weile nicht an uns halten vor Lachen und mussten unterbrechen, denn die Kurve zur Tragik war in dem Moment nicht zu kriegen.
15. Du hast ja bereits viele unterschiedliche Rollen gespielt. Gibt es eine bestimmte Rolle die Du in zukunft gerne spielen möchtest ?
Ich möchte eine Frau spielen, die 1925 auf die Welt kam und die Ereignisse der letzten 100 Jahre Revue passieren lässt und kommentiert